Tricks und Apps gegen Doomscrolling
14. April 2025
- Doomscrolling wird der übermäßige Konsum von Nachrichten besonders auf unserem Smartphone genannt, der besonders zu Corona-Zeiten bekannter wurde.
- Dieses Phänomen kann nicht nur Urlaubseffekte minimieren, sondern Doomscrolling kann Menschen sogar auch verzweifeln und bei ihnen die Hoffnung an eine gerechte Welt schwinden lassen.
- Mit einigen Tricks lässt sich der Nachrichtenkonsum und der teils schon fast zwanghafte, ständige Blick auf‘s Handy vermeiden.
„Wenn ich morgens Nachrichten höre, möchte ich am liebsten wieder ins Bett und mir die Decke über den Kopf ziehen: Trump schlägt mit Zöllen um sich, die Börsen crashen, die türkische Demokratie kämpft ums Überleben, die Gletscher schmelzen... Die Welt ist gerade wirklich schwer auszuhalten.“
Ulrich Schnabel in Alles schlimm? So halten Sie das aus, Die Zeit 15/2025
Die „Sucht“ nach Nachrichten
Der Mensch hat ein „Negativbias“ – das ist eine Art negative Voreinstellung. Sie stammt aus „grauer Menschheitsvorzeit“. Überall lauerten damals Gefahren und wir mussten ständig auf der Hut sein. Übrig geblieben ist in unserem Hirn eine Fokussierung auf Gefährliches und Erschreckendes. Es bleibt besser in unserem Gehirn haften, während Positives schneller wieder vergessen wird – Medien kennen das, schlechte Nachrichten verkaufen sich generell besser als gute. Bei Weltlagen wie unserer aktuellen wollen wir darüber hinaus häufig immer mehr wissen, um die Situation einzuschätzen. Doomscrolling, eine Wortschöpfung aus "doom" für Verderben und "scrollen" für Bildschirminhalte verschieben, heißt diese Sucht nach Nachrichten. Immer mehr Nachrichten, immer mehr schlechte Nachrichten – das kann zu einem immer stärker belastenden Abwärtsstrudel für unsere Psyche werden. Durch die sozialen Medien wird diese fatale Entwicklung noch verstärkt.
„Eigentlich bräuchte es für jede schlechte Nachricht, die uns erreicht mindestens drei Gute, die das ausgleichen.“ So Tatjana Reichart, Münchner Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Autorin von Büchern u.a. zu Nachrichtenresilienz, gegenüber der Apotheken-Rundschau
Kluger Nachrichtenkonsum
Die gute Nachricht – wir sind dem Doomscrollen nicht ausgeliefert, wir können es selbst bekämpfen. Das Stichwort lautet „kluger Nachrichtenkonsum“ ähnlich wie gesunde Ernährung: Fachleute empfehlen dafür, weniger Nachrichten zu konsumieren, indem wir z.B. die Push-Nachrichten ausschalten. Auch könnten wir eine bewusste und begrenzte Zeit für unseren Nachrichtenkonsum festlegen und auch die genutzten Kanäle bestimmen. „Wählen Sie ein paar vertrauenswürdige Angebote, anstatt den Social-Media-Algorithmen die Entscheidung darüber zu überlassen, was Sie sehen,“ empfiehlt die australische Forscherin Lisa Harris gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Harris beschäftigt sich an der Universität in Adelaide mit digitaler Kommunikation und spricht auch vom „digitalen Sonnenuntergang“. Damit meint sie eine Sperrzeit für Nachrichten direkt vor dem Schlafen gehen. Und bei besonders belastenden Nachrichten – so ein weiterer Expertentipp – hilft es einfach, mit anderen Menschen darüber zu sprechen.
Nutzungszeit einschränken
Das einfachste technische „Gegenmittel“ gegen einen übermäßigen Nachrichtenkonsum sprich Doomscrolling ist es, die Lesezeit von News auf unserem Smartphone zu begrenzen. Das können wir über die Funktion Digital Wellbeing bei Android oder bei iOS über die Screentime. So können wir mit wenigen Klicks die Nachrichtenlesezeit in unseren Info-Apps begrenzen. Die britische Autorin Lexi Burgess beschreibt in einem Blogbeitrag auf astropad.com, wie wir diese Zeitlimits auf unseren Handys einfach und schnell einrichten können. Der deutsche Psychologe und Direktor des Max-Planck-Instituts in Berlin, Prof. Dr. Ralph Hertwig, geht noch einen Schritt weiter. Er plädiert im Interview mit der Apotheken Umschau für konkrete Zeiten des „gewollten Nichtwissens“: „Um uns herum gibt es jede Menge Informationen, die uns zur Verfügung stehen. Beim gewollten Nichtwissen meiden wir diese Informationen bewusst, wir ignorieren sie sogar aktiv. Das müssen wir auch, weil wir sonst erschlagen würden.“
Apps „gegen“ Doomscrolling
Neben der Zeitbegrenzung direkt auf dem Handy bieten zahlreiche Apps an, unser Doomscrolling durch Gamification und andere Anreize zu mindern. Bei ScreenZen können wir z.B. einstellen, dass zwischen dem Anklicken einer App und dem tatsächlichen Öffnen eine kurze Pause herrscht. So sollen wir uns bewusster werden, warum wir jetzt diese (Social Media-) App öffnen wollen. Die Zeiten des unmotivierten Anklickens nur aus Langeweile möchte das App-Entwicklerteam somit verhindern. Die App Forest wurde 2018 von Google zur Top-Produktivitäts-App ernannt und auch in mehreren Ländern zur besten App zur Selbstverbesserung gekürt. Sie ist ein schicker Fokus-Timer besonders für Schülerinnen und Schüler. Das Ziel: eine Aufgabe, die wir beginnen, sollen wir ohne Unterbrechung – durch z.B. einen Anruf oder eine kurze Antwort auf Social Media – auch beenden. Ein virtueller Baum ist der Gradmesser, er stirbt ab, wenn wir unsere Aufgabe unterbrechen. Beide Apps sind für Android wie iOS verfügbar. ScreenZen ist kostenlos, Forest kostet bei iOS knapp vier Dollar, bei Android existiert eines Free-Version und die Proversion für rund zwei Dollar. Allerdings scheint das letzte Update der App problematisch zu sein – es mehren sich die negativen Rezensionen im Google-Playstore.
Schlagzeilen
Lifestyle & Freizeit