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Riesiger Strom- und Wasserverbrauch durch KI

15. Juli 2024

  • Je stärker Künstliche Intelligenz in unser tägliches Leben eindringt und genutzt wird, um so stärker wächst der Bedarf an u.a. Strom und Wasser.
  • Schon jetzt sollen allein die Rechenzentren von Google und Co. vier bis fünf Prozent des weltweiten Energieverbrauchs benötigen.
  • Grüne KI will dem immer weiter wachsenden Energiebedarf von KI entgegenwirken, das Bundesinnenministerium hat dafür 2023 die Initiative Green AI Hub Mittelstand gestartet.

„Es ist höchste Zeit, sich intensiv mit den Energiekosten von KI zu beschäftigen. Heute haben wir noch genug Strom, aber der Weg von der Grundlagenforschung in die Anwendung ist lang. Wenn wir auch in fünf Jahren noch kein Energieproblem haben wollen, müssen wir das jetzt angehen.“

Professor Ralf Herbrich, Leiter des Fachgebiets Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit am Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam

KI-Boom befeuert Energieverbrauch

Google und Microsoft mussten es unlängst zugeben: Der KI-Boom verhagelt ihnen die selbst gesteckten, ehrgeizigen Ziele der Emissions-Bilanz. So musste Google eine Steigerung der Treibhausgasemissionen von rund 13 % auf über 14 Millionen Tonnen CO2 im jährlichen Umweltbericht für 2023 verkünden. Auch beim Wasserverbrauch gingen die Zahlen um 17 Prozent nach oben. Um u.a. die Google-Rechner weltweit zu kühlen, brauchte es über sechs Milliarden Liter mehr Wasser. Ähnliche Entwicklungen hatte Microsoft schon kurz zuvor bei der Vorstellung seines Berichtes konstatiert. Hier stiegen die Emissionen um rund 10 Prozent und auch der Wasserverbrauch wuchs im dritten Jahr in Folge. Der Grund für diese Entwicklungen ist – wie Microsoft im hauseigenen Blog schreibt -  schnell gefunden: Der Anstieg ist „in erster Linie auf den Bau weiterer Rechenzentren und den damit verbundenen Kohlenstoffgehalt in Baumaterialien sowie Hardwarekomponenten wie Halbleitern, Servern und Racks zurückzuführen.“

Stromverbrauch in Länderdimensionen

„Das Worst-Case-Szenario deutet darauf hin, dass Googles KI allein so viel Strom verbrauchen könnte wie ein Land wie Irland,“ heißt es in einer Studie des Niederländers Alex de Vries. Der Datenwissenschaftler aus Amsterdam hatte mit dieser Aussage Ende 2023 für Aufsehen gesorgt. Auch wenn seine Berechnung sich dabei auf unterschiedliche Hypothesen beruft und deswegen mit Vorsicht zu betrachten ist, zeigt sie die Tendenz. KI braucht unfassbar viel Energie. Zur Einordnung: Laut Dieter Kranzlmüller, u.a. Professor für Informatik an der Ludwig Maximilian Universität in München, braucht eine normale Google-Abfrage 0.3 Wattstunden. Eine Anfrage an ChatGPT hingegen ist wesentlich energiehungriger und benötigt 6,8 Wattstunden. Das allein klingt überschaubar, allerdings verzeichnet ChatGPT 195 Millionen Anfragen und Google verarbeitet rund neun Milliarden Suchanfragen – täglich.

Ein Verbrauchs-Dreiklang

Der immense Energiebedarf von ChatGPT und Co beruht dabei nicht nur auf dem reinen Stromverbrauch pro Anfrage. Vielmehr setzt er sich aus drei Bereichen zusammen, wie Helmut Martin-Jung in der Süddeutschen Zeitung analysiert: „Hardware, Software und die Datenmenge“. Die Dimensionen der genutzten Datenmenge hat der KI-Experte Yann LeCun auf X ehemals Twitter eindrücklich formuliert: „Aktuelle LLMs werden auf Textdaten trainiert, für die ein Mensch 20.000 Jahre bräuchte, um sie zu lesen.“ Um diese riesigen Datenmengen zu verarbeiten, braucht es laut Martin-Jung zum einen sehr große Rechenkapazitäten sprich Rechenzentren. In diesen Rechenzentren werden Unmengen von Prozessoren eingebaut – das ist der Bereich Hardware. Dazu ist eine funktionierende Software – Algorithmen – nötig, damit wir vernünftige Antworten bekommen. Und diese Software birgt vielleicht eine Lösung in Bezug auf den Energieverbrauch."

Von grünem Strom und zu genauer KI

„Neuronale Netze werden häufig einfach größer gemacht, um mehr komplexe Inhalte abbilden zu können“, erklärt Marius Lindauer, Professor für Maschinelles Lernen am Institut für Künstliche Intelligenz der Leibniz Universität Hannover. Und präzisiert, „je größer die Modelle sind, desto ineffizienter sind sie auch.“ Ein Grund dafür sind die Prozessoren, die nicht KI-spezifisch produziert werden: „Für KI-Algorithmen, die lediglich Wahrscheinlichkeiten abschätzen, arbeiten sie aber oft viel zu genau und verbrauchen dadurch unnötig viel Energie,“ beschreibt Professor Ralf Herbrich vom Hasso-Plattner-Institut in Potsdam das Problem. Er vermutet, dass „der Rechenaufwand auf ein Zehntel reduziert“ werden könnte bei nahezu gleichen Ergebnissen. Neben der Effizienz wollen die großen Konzerne wie z.B. Google dem riesigen Ressourcenbedarf aber auch mit grüner Energie entgegenwirken. Der Konzern will bis 2030 seine weltweiten Netze mit CO2-freier Energie versorgen. „Grüner Strom ist sicherlich der größte Hebel für nachhaltigere Rechenzentren,“ bestätigt Ralph Hintemann vom Borderstep-Institut die Sinnhaftigkeit eines solchen Zieles.

Ressourcen sparen – der Green AI Hub Mittelstand

Auf dem Weg in einen nachhaltige KI-Zukunft wird nach Roy Schwartz, Dozent für Computerwissenschaften an der Hebräischen Universität in Jerusalem, zwischen roter und grüner KI unterschieden. Als Rote KI werden dabei Entwicklungen wie der wachsende Ressourcenverbrauch, steigende CO2-Emissionen bei gleichzeitig nicht optimierter Effizienz verstanden. Dazu kommt die Gefahr eines „Rebound-Effektes“: Eine bessere Effizienz von KI-Modellen sorgt für geringere Preise, dadurch steigt die Nachfrage und im Endeffekt dann auch wieder der Verbrauch von Ressourcen. Dieser roten KI steht die grüne KI gegenüber. Ihr Ziel – ein ressourcenschonender Einsatz von KI und damit einer Verringerung des ökologischen Fußabdrucks. Die Implementierung grüner KI fördert u.a. seit 2023 das Bundesumweltministerium mit der Initiative „Green AI Hub Mittelstand“. Kleine und mittelständische Unternehmen sollen so motiviert werden, KI-Technologien zur Ressourceneffizienz zu entwickeln und zu erproben. Bis 2025 sollen 20 Pilotprojekte gefördert werden. Erste Projekte wie die KI-basierte Qualitätsbestimmung für Tiefdruckzylinder aus dem nordrhein-westfälischen Dissen sind schon online auf einer speziellen Seite des Bundesumweltministeriums zu finden.